08. Juni 2025
Pfarrerin Marianne Tusch in Ruhestand: Verabschiedung am 15. Juni
28 Jahre Tätigkeit im Krankenhaus. Für Pflegekräfte ist das nicht ungewöhnlich, für Geistliche aber eine Seltenheit. Für Pfarrerin Marianne Tusch war die Klinikseelsorge eine besondere Berufung. Zuletzt war sie trotzdem in einer Kirchengemeinde tätig. Zum Ende Mai hat sie ihren Dienst beendet und ist in den Ruhestand eingetreten.
Groß geworden am linken Niederrhein, arbeitete Marianne Tusch als Jugendliche in einem aktiven Kindergottesdiensthelferkreis mit. Dass sie selbst Pfarrerin wurde und noch dazu im Krankenhaus, hing mit einem ebenso tragischen wie prägenden Erleben in ihrer Jugend zusammen. 1977, sie 19 Jahre alt war, starb ihre fünf Jahre jüngere Schwester an einer unheilbaren Erbkrankheit. „Damals gab es keine Unterstützung“, erinnert sich Tusch zurück. So suchte sie für sich allein nach dem ‚Sinn‘ einer solchen Krankheit und nach Antworten – und landete dabei im Theologie-Studium, erst in Bochum, später in Wuppertal und Heidelberg. Ihr Vikariat absolvierte sie in Duisburg.
Ebenfalls vor dem familiären Hintergrund entschieden sich ihre beiden noch lebenden Schwestern für Berufe im Krankenhaus – als Krankenschwester bzw. Ärztin – und so zögerte auch Marianne Tusch nicht, ebenfalls diese Chance zu ergreifen, als sie sich kurz nach ihrem Vikariat und Hilfsdienst bot. Während ihres Vikariats belegte sie einen Kurs in Klinischer Seelsorgeausbildung. Der Ausbilder dieses Kurses bot ihr eine Sonderdienststelle in einer Lungenfachklinik und der benachbarten Psychiatrie in Essen an. Tusch sagte zu – und bereute den Schritt nicht. Nach drei Jahren lief die Stelle jedoch aus und Tusch sah sich vor der Notwendigkeit sich zu bewerben. Der Kollege, der selbst aus dem Saarland stammte, machte sie auf eine Klinikseelsorgestelle im damaligen Kirchenkreis Ottweiler aufmerksam. Ganz überzeugt von der Saarland-Idee war sie zwar nicht, aber das Arbeitsfeld gefiel ihr und offene Stellen in diesem Bereich waren begrenzt. Die erste Fahrt nach Neunkirchen gestaltete sich jedoch zunächst ernüchternd. Nach dem Bewerbungsgespräch war sie sich sicher: „Ich kriege die Stelle nie.“ Doch es kam anders.
Im Juni 1992 fing Marianne Tusch in der Krankenhausseelsorge im Saarland an, zunächst am Fliedner- und am Städtischen Krankenhaus (heute: Diakonie Klinikum) sowie im Josefsstift (heute: Marienhaus) in Neunkirchen.
25 Jahre blieb sie der Krankenhausseelsorge im Saarland treu, später auch noch zeitweise auf dem Kohlhof und in Sulzbach. „Seelsorge mache ich gerne und kann ich auch“, bringt sie es auf den Punkt. Wer sich mit ihr unterhält, bemerkt, wie sie auf die kleinen Dinge achtet und daran anknüpft.
Die Arbeit im Mikrokosmos Klinik beschreibt sie als vielseitig – oder anders gesagt: „Es gibt alles“. Einmal wurde sie zu einem Mann gerufen, der sicher war, dass Gott ihm erschienen sei. Tusch griff den Faden gerne auf: „Dann sind sie ja meinem Chef noch näher als ich“, teilte sie dem erfreuten Patienten mit.
Neben erheiternden Momenten wie diesen gab es aber auch hartes Brot zu backen. Viel war sie auf der Onkologie unterwegs, begleitete zahlreiche Sterbende und deren Angehörige auf dem letzten Weg. Die Sterbebegleitungen setzten ihr mit der Zeit so zu, dass es irgendwann nicht mehr ging. Nach einem Burn-out und Depressionen mit drei Monaten Krankenschein kämpfte sie sich zurück. Diese Erfahrung war ein Tiefpunkt in ihrem Berufsleben. Sie hatte Glück, erholte sich wieder und konnte ihren Dienst fortsetzen. Auch die Ausbildung von ehrenamtlichen Sterbebegleitenden und Grünen Damen (Ökumenische Krankenhausseelsorge) fiel in ihr Aufgabenfeld.
Nach weit über zwei Jahrzehnten im Krankenhaus merkte sie dann aber in den 2010er-Jahren, dass an der Zeit sei für einen beruflichen Wechsel. Die Gelegenheit ergab sich 2016, als in der Region Nohfelden im Kirchenkreis Obere Nahe eine befristete Stelle im sog. „Pastoralen Dienst im Übergang“ zu besetzen war. Dahinter verbirgt sich ein pastoraler Auftrag für eine Region ohne eigene Pfarrperson, um im Idealfall eine Lösung für einen dauerhaften pastoralen Neustart der Region zu ermöglichen. Für Marianne Tusch war es eine Chance zu testen, ob die Arbeit in einer Kirchengemeinde für sie in Frage kam. Ergebnis: „Es hat mir Spaß gemacht“, sagt sie. Der Wunsch war geboren, ihren Berufsweg in einer Kirchengemeinde zu beenden.
Als sich 2019 die Möglichkeit auf eine Gemeindepfarrstelle in Heiligenwald zu gehen, bot, war sie sich mit den Verantwortlichen schnell einig. Mit 60 Jahren und großer Motivation fing sie an in der Gemeinde, die mit Merchweiler und Wemmetsweiler heute einen Bereich der Kirchengemeinde „Evangelisch Mittendrin“ bildet. Sie wollte nicht nur verwalten, sondern auch ausprobieren. So führte sie regelmäßige Taizé-Gebete ein mit anschließendem gemeinsamen Essen, von deren Erfolg sie selbst überrascht war.
Die Gemeindearbeit gefiel ihr. So gut, dass sie ihren Dienst über das reguläre Ruhestandsalter hinaus um ein Jahr verlängerte. Zum 31. Mai dieses Jahres war aber endgültig Schluss. Ihr Nachfolger, Pfarrer Michael Caspers-Hilka, hat bereits angefangen. Zwei Damen sind gefunden, die ihre Taizé-Gebete ehrenamtlich weiterführen werden. Also ist eigentlich alles geregelt, Marianne Tusch hinterlässt ein bestelltes Feld.
Aber der Ruhestand? Respekt hat sie schon vor dem neuen Lebensabschnitt und ein klein wenig mulmig ist ihr auch, weil „ich nicht weiß, was kommt“, sagt sie. Immerhin mehr Raum für ihre Hobbys wird sie haben. Beispielsweise für die Musik. Sie spielt Oboe in zwei Ensembles, ihr Musikverein wird auch bei ihrer Verabschiedung auftreten. Seit einiger Zeit ist die bekennende Wein-Liebhaberin außerdem Vorstandsmitglied der „Weinbruderschaft“ St. Vinzenz, die einen Weinberg an der Redener Halde bewirtschaftet. Nur an dem Namen könne der Verein noch arbeiten, immerhin gebe es inzwischen mehrere „Weinschwestern“, meint sie ausgenzwinkernd. Vielleicht ein Projekt für ihren Ruhestand.
Info:
Marianne Tusch wird am Sonntag, 15. Juni, in einem Gottesdienst um 14 Uhr in der Evangelischen Kirche Heiligenwald (Itzenplitzstraße/Ecke Karlstraße) durch Superintendent Markus Karsch entpflichtet und in den Ruhestand verabschiedet. Im Anschluss besteht bei einem Empfang im anliegenden Gemeindehaus die Möglichkeit sich persönlich von ihr zu verabschieden.