07. Januar 2023
Michael Schäfer zu einem aktuellen Thema:
Du bist ein Gott, der mich sieht. 1.Mose 16,13
VEB ‚Guck und Horch‘ so hieß in einem deutschen Staat die Organisation, die für die Überwachung der Bevölkerung zuständig war (offiziell hieß sie Staatssicherheit). Sie war Symbol einer Politik, die den eigenen Bürgerinnen und Bürgern nicht vertraut. So ähnlich sehen manche Menschen Gott und erzählen ihren Kindern ‚Der liebe Gott sieht alles‘. Schön, wenn diese darauf kommen zu antworten, ‚aber er petzt nicht!‘
Unsere Jahreslosung erzählt allerdings nichts von einem lieben Gott, der alles sieht. Sie erzählt von einer verzweifelten Frau, die sich wahrgenommen fühlt. Hagar heißt sie. Beruf: Magd. Ihre Chefin Sara konnte (scheinbar) keine Kinder bekommen und darum musste Hagar das für sie erledigen. Zu Abraham ins Bett. Frühe Form der Leihmutterschaft. Nach der Person Hagar wurde dabei nicht gefragt und als das Kind da war, war sie nur noch lästig, Symbol für die (unverschuldete) Unfähigkeit Saras, eigene Kinder zu bekommen.
Sie flieht mit ihrem Kind in die Wüste. Und erlebt dort, dass Gott sie anspricht, sie wahrnimmt, sie rettet. Und darum: Du bist ein Gott, der mich sieht.
Darum ist diese Jahreslosung auch kein einfacher Jubel-Satz. Er ist eine Erinnerung. Gott schaut besonders auf die Menschen am Rande, auf die, die sich nicht wahrgenommen, nicht gesehen fühlen. Und stellt seiner Gemeinde; seiner Kirche die Frage: Wo ist Euer Augenmerk?
Sehen wir das Elend vieler Menschen am Rande unserer Gesellschaft wirklich? Oder benutzen wir Schicksale nicht nur für politische Zwecke?
Ich denke an die jungen Männer, die in Berlin randaliert haben, Polizistinnen und Polizisten und Rettungskräfte angegriffen haben. Das alles stand in den Medien und man kann sich (zu Recht) darüber aufregen. Ich denke aber auch daran, was Viele von ihnen erlebt haben, wie lang sie unterwegs waren von Lager zu Lager, Welche Gewalt sie erlebt haben. Wie viele Menschen sie haben sterben sehen. Und jetzt ist ihr Ziel eine Sackgasse. Auf engem Raum ohne echte Perspektive, bedroht von Zwangsrückkehr. Sie brauchen jemanden, der ihnen das Gefühl gibt, etwas wert zu sein.
Und so sehe ich viel Menschen an den Rändern unserer Gesellschaft, die das brauchen, wertgeschätzt zu werden. Äschtamiert heißt das im Saarland. Das gibt jedem ein gutes Gefühlt. Da werde ich geschätzt. Da grüßt mich jemand, da bedankt sich jemand. So könnte reagiert werden auf diesen Gott, der mich sieht.
Losung für Samstag, den 7.1.2023:
Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelobet der Name des HERRN! Psalm 113,3
Der Gott der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, wie es Christus Jesus entspricht, damit ihr einmütig mit einem Munde Gott lobt, den Vater unseres Herrn Jesus Christus. Römer 15,5-6
Im Gesangbuch steht eine Nachdichtung zu Psalm 118 (eg 780):
Gott ist die Macht in meiner Verzweiflung.
Gott ist das Lied auf meinen stummen Lippen.
Gott macht meine Seele heil.
Deshalb werde ich nicht sterben,
sondern leben
und davon erzählen, was Gott an mir tut.
Lobsingt Gott, erhebt Gottes Namen!